Nicazigarren

Wie hast du die Rolle der Frauen in Nicaragua erlebt?

Gespräch mit Jeannette Büsser, Kantonsrätin im Kanton Zürich und Händlerin von bio-fairen Zigarren und Kaffee aus Nicaragua im Vorfeld des Frauenstreiks.


Jeannette Büsser: Ich war sehr beeindruckt über die Vielzahl an Frauenorganisationen in Nicaragua. Das Bewusstsein für strukturelle Gewalt ist sehr gross. Leider ist auch die physische Gewalt an Frauen epidemisch. Das Bewusstsein, dass die Position der Frau in der Gesellschaft verbessert werden muss, um eine Gleichstellung zu erreichen, war und ist wohl noch immer viel offensichtlicher als bei uns in der Schweiz. Übrigens schneidet ja bezüglich Gleichstellung Nicaragua besser ab als die Schweiz. Auf dem Papier. Dies ist auch ein Grund, warum ich manchmal an er Qualität von diesen weltweiten Ratings zweifle. Ratifiziert hat «man» schnell etwas. Die Umsetzung bzw. Bewertung ist dann eine andere Geschichte.


Hat sich die Situation verbessert? Welche Rolle spielt dabei der faire Handel?

In Nicaragua sind mir keine Frauen begegnet, welche nicht arbeiteten. Sie sind häufig die hauptsächlichen und/oder «zuverlässigen» Ernäherinnen ihrer Familien. D.h. auch in Genossenschaften trifft man viele Frauen an, auch in der Kaffeeproduktion. Fairer Handel ist insofern wichtig, dass sich nur durch genügend Einkommen sicherstellen lässt, dass die Kinder gut ernährt werden, zur Schule gehen und somit eine Perspektive haben. Fairer Handel ist bedeutet Schutz gegen Ausbeutung. Zahlen wir keine fairen Preise, werden auch im Herkunftsland keine fairen Preise bezahlt. Darunter leiden alle, insbesondere aber Frauen und Kinder.


Wie wirst du selbst am 14. Juni tun? Welche Ziele wurden seit 1991 erreicht?

Natürlich werde ich am 14.6 streiken. Lohn. Zeit. Respekt. Das Gleichstellungsgesetz, die Mutterschaftsversicherung und Freiheiten. Es wurde etwas erreicht. Es ist jedoch nicht genug. Die Rollenzuschreibungen sind immer noch zu starr. Mutter – Vater. Ernährer und Teilzeitmitarbeiterin. Pilot und Pflegerin. Es braucht noch viel Bewusstseinsarbeit einerseits, und noch mehr politische Arbeit andererseits, die Bilder in den Köpfen zu verändern und die Spielräume für alle Geschlechter auszuweiten.

Meine Vision ist, dass die binäre Vorstellung von Geschlecht aufgehoben ist; 52 Facebook – Definitionen von Geschlechtern möchte ich jedoch auch nicht auswendig lernen. Wir werden alle Bilder überwinden und einfach Menschen sein, irgendwann. Heute müssen wir über Geschlechter und Gender reden, weil daran Zugänge zum Arbeitsmarkt, Leistungen und Rollenaufteilungen geknüpft werden.


Was würdest du Leuten aus der Faircustomer community empfehlen, wenn sie sich für eine Verbesserung der Rechte der Frauen einsetzen möchten?

Was würde geschehen, wenn Frauen für einige Zeit extrem solidarisch wären? Frauen kaufen nur noch Produkte von Frauen. Frauen lesen nur noch Bücher von Frauen. Frauen zitieren andere Frauen. Eine Empfehlung für die Frauen von Faircustomer? Vielleicht würde uns dies einen Schub verleihen – in Richtung Gleichstellung.





Zu den Produkten